von Stephan Peukert
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2. Juni 2025
Es gibt eine Theorie, die lautet wir folgt: Die Erde ist ein Aliengefängnis. Einige Lebewesen auf diesem Planeten gehören eigentlich nicht hier her. Wenn ich das schreibe, hoffe ich, dich nicht verloren zu haben. Aber diese Theorie hilft mir, etwas Wesentliches zu erklären. Also bleib dran, bis ich meinen Standpunkt erläutert habe. Ich saß mit zwei Teilnehmern meines Seminars in Wohnzimmer. Zuvor saßen wir mit der gesamten Gruppe beim Abendessen und ich habe etwas Neues ausprobiert. Eine Teilnehmerin hatte die Aufgabe, zu erklären, was es bedeutet erwachsen zu sein und sollte dies an Beispielen festmachen, wie sich ein solcher verhält. Diese Aufgabe war für die Teilnehmerin nicht zu lösen. Sie versuchte es, aber alle Antworten, waren weder hilfreich noch wirklich durchdacht. Sie war in allem unsicher und ihre Fragen zielten immer darauf ab, herauszufinden, wie man sich verhalten darf. Zuvor hatten zwei Teilnehmer etwas an mir aufzeigen wollen. - Eine Technik, die der ein oder andere unter den Namen TRUSTTECHNIQUE kennt. Dies wird von einem Mann praktiziert, der sich vor Tiere setzt und diese dazu bringt, vor ihm einzuschlafen und zur Ruhe zu kommen. Für mich hatte ich dieses Verhalten schon immer schlüssig auf der sozialen Ebene erklären können. Ich liess mich aber darauf ein, mich einmal in die Situation zu begeben, um heraus zufinden, was mit mir passiert. Wir gingen also in mein Zelt, ich legte mich auf meine Matratze und die beiden Teilnehmer hockten sich nehmen mich, ohne mit mir zu reden. Für mich ist offensichtlich was da passiert ist. Neben dir sitzen zwei Menschen, die zwar in deinem Raum sind, aber nichts über sich Preis geben. Und dein Kopf versucht diese Situation zu erklären. Es ist eine unbekannte Situation, in der du auf dich selbst gestellt bist und darüber nachdenkst, warum sich andere so verhalten. Und das ist so anstrengend, dass man durchaus müde wird. Am besten ist derjenige, an dem diese Technik angewandt wird schon vorher komplett erschöpft. Was für mich auf gestresste Tiere oder Tiere, die die ganze Zeit wachsam sein müssen, absolut zutrifft. Ich habe die „Sitzung“ dann unterbrochen und den beiden meine Gedanken dazu mitgeteilt, wodurch die Erfahrung meine Theorie bestätigt hat. Im Nachgang fragte ich auch, ob sie das gefühlt gehabt, dass ich mich darauf eingelassen habe, was beide bejahten, so dass ich mich auch selbst noch einmal bestätigen konnte, dass die Erfahrung nicht durch die im Vorfeld gedachte Theorie beeinflusst wurde, sondern die Erfahrung wirklich die Theorie bestätigte. Als wir dann am Tisch beim Abendessen saßen, war die Teilnehmerin noch einmal mit der Aufgabe konfrontiert, was es bedeutet erwachsen zu sein. Natürlich fiel es ihr wieder schwer und sie verfiel in den Modus, sich jetzt wieder das richtige Verhalten zu erfragen. In diesem Moment kam mir der Gedanke, dass ich meine Theorie noch einmal den beiden Teilnehmern, die diese TECHNIK an mir anwandten beweisen wollte. Also sagte ich zur ganzen Gruppe am Tisch, dass keiner mehr redet und die fragende Teilnehmerin nicht mehr angeschaut wird. Im Kern ist dieses Verhalten auch gleichzusetzen mit ignorieren, was ja auch häufig bei Hunden empfohlen wird und, was ich absolut ablehne. Die Teilnehmerin zeigte auf, was ich demonstrieren wollte - sie stellte laut die Fragen, die zeigten, dass sie sich mit sich selbst beschäftigt. Jetzt passierte aber noch was vollkommen anderes. Diese Situation der Ruhe, hat in allen Teilnehmern etwas ausgelöst. Man hat förmlich gesehen, wie einer nach dem anderen, aus dieser unsicheren Situation raus wollte. Die erste fragte, ob man da jetzt helfen muss, was für diese Teilnehmerin immer die erste Strategie bei Unsicherheit ist. Die nächste fragte, ob man das denn okay finde, dass man nicht auf sie eingeht. Wahrscheinlich auch ein sehr bekanntes Gefühl dieser Teilnehmerin. Eine andere Teilnehmerin konnte sich nicht mehr halten und verfiel den Tränen und musste sogar vom Tisch aufstehen. Das war der Moment, wo ich ins Gespräch eingriff und herausfinden wollte, was jetzt passiert war. Ich konzentrierte mich auf zwei Teilnehmer. Die Person, die die Aufgabe hatte uns zu erklären, was es bedeutet erwachsen zu sein und die Person, die diese sehr starke Reaktion gezeigt hatte. Zunächst sagte ich, dass sie einmal miteinander reden sollten, da sie schon direkt ihre Gemeinsamkeiten erkannten. Alle anderen Teilnehmer verliessen den Tisch. Später stieß ich zu den beiden dazu, um ihnen meine Theorie der Situation und ihrem Verhalten zu schildern. Beide haben Ähnliches in ihrer Erziehung erfahren. Starken Druck mit Vorgaben, wie man sich zu verhalten hat. Mal mehr emotional manipuliert und mal weniger. Die Art und Weise hat bei beiden deutliche Spuren hinterlassen, sie aber nicht gleich gemacht. Während die eine Teilnehmerin, sich lieber für Flucht entschied, was sie direkt erkannte, entschied sich die andere Teilnehmerin lieber für den Angriff. Gemeinsamkeiten in der Vergangenheit macht Menschen also nicht gleich, sondern zeigt viel mehr ihre Persönlichkeit, wie sie mit solch einer Situation umgehen. Dennoch hatten beide ein sehr ähnliches Problem. Durch strenge Vorgaben, körperliche Erziehung und emotionale Manipulation, ist es ihnen nicht möglich gewesen, ein gutes Verständnis von der Welt zu erarbeiten. Entweder gab es Vorgaben oder man hat herausfinden wollen, wie diese Vorgaben aussehen. Ein Lernen blieb in letzter Instanz aus. Man könnte auch meinen, dass durch diese strengen Vorgaben, ein Prozess übersprungen worden ist. Nämlich der, der Kindheit, in der man die Welt entdecken sollte. Wenn man aber nicht entdecken darf, sondern immer nur gesagt wird, wie man es machen soll, was einen stark an positive Hundetraining erinnert, bleibt man in einer permanenten Verunsicherung. Und diese bekommt man nicht aufgelöst. Man steckt fest in einer Welt, die man nicht versteht. Man fühl sich wie ein Alien, der hier nicht hingehört, weil man scheinbar die einfachsten Dinge nicht versteht. Diese erzeugte Unsicherheit, die mit Unwissenheit über die Welt einhergeht, lässt uns immer danach suchen, diese Lücke zu füllen. Also warum dann nicht einfach die Theorie, dass man ein Alien ist, nicht hier her gehört und deswegen die meisten Handlungen der Menschen nicht versteht. Also habe ich gemeinsam mit den beiden Teilnehmern einen Standpunkt erarbeitet, der meinem eigenen ziemlich stark gleicht. Wir wissen sehr häufig nicht was los ist. Deswegen brauchen wir ein Gegenüber, dass keine Angst davor hat, uns auch wirklich zu kritisieren. Denn darüber erarbeiten wir uns die Welt und lernen zu verstehen, welche Verhalten richtig sind und welche falsch. Nur können wir das nicht erwarten. Spannend war nämlich, dass die beiden Teilnehmer sich ein Verhaltensmuster angeeignet haben, dass sie vor dem schützt, was sie brauchen. Nämlich Kritik. Ihr Reden und ihr Auftreten sorgt eigentlich immer für ein Gefühl, des Helfenwollen. Wie bei Kleinkindern verfällt man beim Zuhören in ein mitleidiges Gefühl und lässt alles durchgehen, was absolut nicht akzeptabel ist. Es ist eine Manipulation auf der größt möglichen Stufe. Man wurde emotional manipuliert und macht es unbewusst weiter, da man es auch nicht anders kennengelernt hat. Also habe ich die beiden Teilnehmer an die Hand genommen und ihnen aufzeigt, was ihre Aufgabe ist. Es geht nicht weiter, sondern erst einmal zurück, um genau diesen Istzustand zu akzeptieren. Ich schlug vor, die anderen Teilnehmer aufzusuchen um ihnen die neue Erkenntnis mitzuteilen. Spannenderweise, befanden sich fast alle in der Küche, wo ich den beiden demonstrierte, was sie den anderen mitteilen können. „Mein Name ist Stephan Peukert. Häufig verstehe ich nicht, was eigentlich los ist. Ich habe Schwierigkeiten, das Verhalten von Menschen zu verstehen und brauche deswegen eure Hilfe. Ich brauche eure Kritik um in dieser Welt zurechtzufinden.“ Als ich den Satz sagte, drehte ich mich zu den Teilnehmern um, und fragte sie, ob diese das Beispiel verstanden hatten. Sie bejahten und nahmen sich der Herausforderung an. Die erste Teilnehmerin zögerte kurz und fing an ihren Namen zu nennen und sagte, dass sie sehr häufig nichts versteht. In diesem Moment riss es mir förmlich den Boden unter den Beinen weg. Ich fühlte diese Person in diesen Moment so stark, dass ich weinen und mich runter atmen musste. Genau an diesem Tag bestieg ich einen Berg, der sehr steil war und mich dazu brachte, auf einer bestimmten Höhe einzufrieren und kurz vor einem Zusammenbruch zu stehen. Als die Teilnehmerin diesen Satz sagte, waren die Symptome fast identisch. Denn sie hat in diesem Moment all das getötet, was sie die ganze Zeit glaubte spielen oder sein zu müssen. Ich war so erleichtert darüber, dass diese Last mit mir mit abfiel. Die Teilnehmer bemerkten, als sie diesen Satz sagte, dass sie eine völlig andere Stimme hatte, was schon fast gruselig war, da man sie jetzt viel besser verstand. Ihre Sätze waren klar, verständlich und man hatte keine Schwierigkeiten ihr zuzuhören, was sonst immer das Problem war. Sie war da. Zurück im Leben. Für mich war ein Kampf beendet, der anstrengend war, aber geführt werden musste. Zurück im Leben bedeutet genau da zu sein, wo man eigentlich steht. Bei seinem Standpunkt. Die zweite Teilnehmerin verstand das Prinzip, wählte aber direkt eigene Worte. „Hallo, ich bin neu auf dieser Welt. Ich brauche eure Hilfe um zu verstehen, wie das hier läuft.“ Für beide Teilnehmerinnen, war das ein gewaltiger Durchbruch, der sie ermutigte, sich erst einmal so zu verhalten, wie sie es eben nicht besser wissen. Die zweite sagte auch, dass sie jetzt versteht, warum sie sich mit ihrem kleinen Enkelkind so gut versteht. Im Verhalten ist sie nämlich genau da stehen geblieben, weil sie sich nicht ausleben konnte und alles nur unterdrückt wurde. Also muss sie den Mut haben, genau da hin erst einmal zurück zugehen und die Welt völlig neu zu entdecken. Sie wird sich sehr kindisch Verhalten müssen, um aus dieser Spirale des richtigen Verhalten raus zu kommen. Was sie dabei definitiv erwarten kann, ist deutliches Feedback. Nicht wie man sich verhält, sondern wie man es eben nicht macht. In provokanter Kleinkindmanier, ass sie mit dem Salatlöffel direkt aus der großen Schüssel, so dass ich ihr erklärte, dass man das nicht macht. Sie schüttete Salz in das Wasser einer Teilnehmerin natürlich in Komplizenschaft mit der anderen Person, die die Welt nicht versteht. Ihr Schlussstreich war wahrscheinlich, dass sie meine Schuhe mit den Schuhen einer anderen Teilnehmerin zusammen gebunden hatte, wo mir, als ich es gesehen habe klar wurde, dass war genau diese Teilnehmerin. Auf einmal war sie da. Sie zeigte ein Verhalen wo wir sagen konnte, das war genau sie. Auch ein Gespräch am Morgen unterbrach sie, in dem sie mein Gegenüber fragte, was für ein Sternzeichen sie sei. Dabei ging sie sehr nah auf die Teilnehmerin zu. Weil ich am Gespräch beteiligt war, hörte ich aufmerksam zu. Als die Antwort „Krebs“ war, sagte das Kleinkind einfach nur. „Oh ihr lasst euch aber leicht ablenken und unterbrechen.“ Ich war baff und mir blieb der Mund offen stehen, bis ich wieder zu mir kam und mit einem Lachen und mit sehr großen Respekt sagte: „Halt die Klappe und quatsch uns hier nicht rein.“ Und die Person, die immer Angst hatte etwas falsch zu machen, nahm dies mit einem Lächeln an. Wir haben uns diesen Standpunkt zusammen erarbeitet. Es wird schwer bleiben. Und definitiv nicht immer leicht. Es wird Probleme geben und wenn man an den Falschen gerät, wird das bestimmt nicht gut ausgehen. Aber da waren wir. Wir waren wieder mitten im Leben mit einem eigenen Standpunkt.